Einstandszahlungen und rückzahlungspflichtige Unterstützungsdarlehen

Die Unsitten des Tankstellengewerbes

 

Vor einigen Jahren begann die Shell in Deutschland mit der Einführung von Entry-Payment. Ein paar Mineralölgesellschaften folgten, andere nicht. Meist nehmen die Pächter bei Abschluß des Vertrages diese Regelung im Pachtvertrag hin, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was das eigentlich bedeutet.

Noch unsinniger aus der Sicht des Verfassers ist die Gewährung von Darlehn bei wirtschaftlichen Problemen des Pächters, die später zum Ende des Vertragsverhältnisses zurückgezahlt werden müssen. Ist da immer nur der Pächter dran schuld, so dass er froh sein kann, wenn er von der Mineralölgesellschaft eine finanzielle Stütze erhält, die ihm jede Bank verwehren würde?

Beide Themen sollen hier beleuchtet werden, weil im Ergebnis immer mit einem spätere Handelsvertreterausgleich verrechnet werden soll. Das ist doch schon auffällig und vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung in Deutschland so nicht gedacht.

Für was wird eigentlich der "Goodwill" oder das "Entrypayment" gefordert. die Mineralölgesellschaften werden vom Gesetzgeber gemäß § 89 b HGB gezwungen, unter bestimmten Bedingungen zum Ende des Vertragsverhältnisses an den Pächter Geld zu zahlen. Das begründet sich daraus , dass dieser für die Gesellschaft geworbene Kunden nach seinem Weggang hinterläßt, mit denen sie weiter Geschäfte machen. Da dachten die MÖGs, dass man dann eben den Spieß umdrehen könnte. Schließlich setze sich der Pächter in der Tankstelle ins gemachte Nest und braucht nur die vom Vorgänger geworbenen Kunden weiter zu bedienen, um Ertrag zu erwirtschaften. Da könne er dann auch etwas dafür bezahlen. Also wurde irgend ein Goodwill-Betrag angesetzt. Gesetzliche Regelungen dazu gibt es nicht, die das verhindern würden.

Schaut man genauer hin, muß man sich wundern: Der Vorpächter hat sicher kein Geld für die Shopkundschaft von der MÖG erhalten. Den Shop konnte er ja nicht mitnehmen und damit hat er die Kundschaft einfach so hinterlassen. Geschäftstüchtig macht die Mineralölgesellschaft dann das, was bei jedem Kiosk normal ist: Sie läßt sich die übergebene Kundschaft bezahlen. Noch dazu, wo sie diese umsonst bekommen hat.

Sie hat nur für das Agenturgeschäft etwas bezahlt, womit wir zum Kernpunkt dieser Taktik kommen. Obwohl mit der Kalkulation der Provision im Agenturgeschäft dann dort für die MÖG alles wirtschaftlich ausgleichbar ist, vermischt sie nun diesen Geschäftszweig mit dem Shop. Dort wird mit der Pacht geregelt, wieviel der Shop für den Pächter wert ist. Mehr Ertragsmöglichkeiten führen zu einer höheren Pacht, weniger zu einer geringeren. Das müßte doch wi9e in anderen Geschäftszweigen auch reichen. Nun verlangt die Gesellschaft aber zusätzlich einen Jahresertrag im Shop als Einstandszahlung. Das sollte man sich klar machen.

Jetzt wird es aber kritisch, wenn dieser Betrag nicht gleich zu Beginn der Geschäftsübernahme gefordert wird, sondern mit dem Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch am Ende der Laufzeit verrechnet wird. Damit werden nicht nur unterschiedliche Geschäftszweige wirtschaftlich vermischt, sondern es wird noch ein wunder Punkt berührt. Der deutsche Gesetzgeber verbietet einen Verzicht auf einen Handelsvertreterausgleich noch vor Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 89 b Abs. 4 HGB). Das ist auch nachvollziehbar, weil der Handelsvertreter im HGB geschützt wird, da er keine Arbeitsrechtsvorschriften zum Schutz hat, aus Sicht des Gesetzgebers aber trotzdem in gewisser Form vor dem möglichen Kündigen des Handelsvertreterverhältnisses und damit verbundenen Verlsuten sinnloser Investitionen für den Prinzipal bewahrt werden soll. Das soll damit gewährleistet sein, dass der Prinzipal (die MÖG) dann eben für die damit hinterlassene Kundschaft zahlen muß. Das soll -sagen wir mal- den respektvollen Umgang gewährleisten.

Bei allem Wohlwollen sehe ich deshalb in diesen Regelungen das Ziel, genau dieses Verbot des Gesetzgebers zu umgehen, wenn eine Goodwill-Regelung aufgenommen wird, wonach der Pächter die übernommene Kundschaft "bezahlen" muß. Die Rechtsprechung stellt hier eindeutig auf den wirtschaftlichen Vorteil der MÖG in den nächsten 5 Jahren nach Pächterwechsel ab. Dieser Geschäftsvorteil soll von der MÖG an den Vorpächter direkt nach Beendigung bezahlt werden! Statt dessen holt diese sich den Vorteil dann doppelt noch vom Neupächter, in dem sie diesem dann später das wieder beim Ausgleichsanspruch abzieht, was eigentlich in den von ihr zu erwirtschaftenden Bereich des Treibstoffgeschäfts -wo die MÖG die alleinige Preishoheit hat- gehört. Das entspricht weder der Intention des Gesetzgebers noch der Rechtsprechung. So wie es in den mir bekannten Verträgen geregelt ist, halte ich diese Regelungen auch dann noch für unwirksam, wenn einige Richter diese Gedanken offensichtlich wirtschaftlich leider nicht nachvollziehen können oder wollen. (obwohl das doch auf der Hand liegt?)

Andere Mineralölgesellschaften machen im Ergebnis das selbe, wenn sie gewährte Darlehn nur mit dem Vorbehalt der Verrechnung mit dem späteren Ausgleichsanspruch gewähren. Wenn die Darlehen nötig werden, weil der Pächter dies selbst verschuldet hat, mag das noch akzeptabel sein. In den meisten Fällen, die mir begegnen, werden damit aber Zahlungen geleistet, deren Erfordernis nicht ausschließlich vom Pächter verursacht wird. Da wird eine zweite Station vorübergehend mit übernommen, die defizitär ist. Dafür wird dann großzügig das Darlehen angeboten. Schließlich wird das dann später mit dem Ausgleichsanspruch verrechnet? Da kauft man sich doch unwirtschaftliche Arbeit! Das ist doch finanzielles Harakiri. Merkt das denn keiner der Pächter? Leider muß ich aus meiner Erfahrung sagen, dass sich die Meisten dessen nicht bewußt sind! Deshalb wird dies hier auch erwähnt.

Hier wird auf Kredit gewirtschaftet, der einen erst zum Ende allen Schreckens (Tankstellenvertragsende) auch noch völlig ruiniert. Und da bei einer negativen Schlußabrechnung dann noch die Bürgschaft für die MÖG zur Verfügung steht, ist für diese das "Geschäft" quasi wasserdicht.

Aufpassen, was man da als Pächter macht!

 

 

 

Nürnberg, 05.05.2015

gez. Jörg Helmling